WOZ: Der Ausweg aus dem Hühnerwahn
Vom Klima her gedacht ist klar: Tierische Produkte sind keine effiziente Nutzung unserer Ressourcen. Wenn wir aber mal davon ausgehen, dass Menschen nicht von heute auf morgen aufhören, Huhn und Ei zu essen, stellt sich die Frage: Welche Alternativen gibt’s zur Tierindustrie? Ginge es ethischer und nachhaltiger?
Industrie: Die Nebeneffekte der Rationalisierung
Das Huhn zeigt exemplarisch die Logik, die auch dem Klima zusetzt: Massenproduktion = mehr Profit, die Kosten werden externalisiert – das CO₂ in die Luft, die männlichen Küken gekillt, das Kraftfutter importiert. Und obendrauf noch einseitigere Ökosysteme, welche die Biodiversitätskrise vorantreiben.
Weil das einigen Konsument:innen sauer aufstösst (jep, hier), bedient dieselbe Industrie auch die Nachfrage nach ethischeren und nachhaltigeren Produkten. Aber die Logik ändert das nicht: Hauptsache, immer mehr – mehr Fressen, mehr Auswahl, mehr Umsatz.
Geflügelprodukte boomen weltweit, in der Schweiz lag der Pro-Kopf-Konsum 2021 bei knapp 15 Kilogramm Pouletfleisch und 195 Eiern, Tendenz steigend. Diesen Markt beliefern die Konzerne mit passgenauen Angeboten: Vom Turbohähnchen über die Batteriehenne bis zum Tier fürs Freilaufgehege.
Diese "High-End-Hybriden" legen entweder 320 Eier pro Jahr (doppelt so viele wie "wenig optimierte" Hühner) oder sie setzen innerhalb eines Monats so viel Fleisch an, dass sie fast vorneüber kippen. Gefüttert werden sie mit Kraftfutter (Mais, Weizen und Sojaschrot).
Kükentöten vermeiden
Das Problem an Eiern: Hähne legen keine. Also werden sie, pragmatisch wie die Industrie ist, aussortiert und getötet. Um das zu vermeiden, gibt es drei Ansätze:
- Bruderhähne: Eier kosten mehr und finanzieren Hähne mit.
- frühe Geschlechtserkennung: Noch im Ei wird das Geschlecht erkannt und männliche aussortiert.
- Zweinutzungshühner: Hennen legen Eier, Hähne setzen Fleisch an.
Der Artikel fokussiert auf Zweinutzungshühner. Allerdings gibt es da andere Probleme.
Zweinutzungshuhn? Ja, aber
Problem 1: Auch die meisten Zweinutzungshühner (auch Bio und Demeter) sind Züchtungen von Industriebetrieben, bei denen die Bedingungen der Tierhaltung fragwürdig ist (wie es genau darum steht, lässt sich nicht überprüfen).
Als Coop den Wunsch nach einer Alternative zum Kükentöten äusserte, entwickelte Lohmann mit dem «Dual»-Huhn binnen eines Jahres das erste kommerzielle Zweinutzungstier. Auch die Migros-«Hahn im Glück»-Eier basieren auf Lohmann-Züchtungen.
Ausserdem werden diese so gezüchtet, dass die erwünschten Eigenschaften nicht an die zweite Generation vererbt werden; es müssen also immer wieder neue Tiere aus Spanien und Holland eingekauft werden. Die Industrie hat schliesslich ein Interesse, ihren Profit zu sichern.
Problem 2: Ressourcenverbrauch. Zweinutzungshühner sind keine guten Verwerter, da es genetisch unmöglich ist, sowohl Legeleistung als auch Muskelwachstum zu pushen. Hochleistungshühner sind supereffizient – vorausgesetzt sie bekommen Kraftfutter, das in der Schweiz zu 70% importiert wird und die menschliche Ernährung konkurrenziert.
Da könnte eine neue nicht-industrielle Züchtung eine Lösung sein: Diese Hühner sind zwar nicht so effizient in der Ressourcennutzung, haben aber keinen auf Kraftfutter ausgelegten Magen und könnten – wie früher – als Resteverwerter (Keimgetreide, Pilzmyzelien, altes Brot, Molke, Gemüse) in eine vielfältige Landwirtschaft integriert werden, womit die Probleme von Nahrungsimport und Ernährungskonkurrenz auch vom Tisch wären.
Nachteil: Die Produkte werden teurer, die Eiergrössen schwanken mehr, die Poulets sind nicht mehr so dick. (Sprich: Nicht industrielle Produkte sind nicht industriell genormt und optimiert.)
Fazit
Wollen wir uns nachhaltiger ernähren, führt nichts daran vorbei, den Eier- und Poulet-Konsum zu reduzieren. Aber etwas weniger als 15kg Poulet und 195 Eier pro Jahr sollte eigentlich drinliegen, hallo Scrambled Tofu, hallo planted, hallo Abwechslung, hallo ausprobieren!