Sven Plöger gibt im Podcast SWR2 Wissen in einer Stunde einen Überblick über einige der wichtigsten Baustellen im Klimaschutz – nicht neu, aber mitreissend und auch lohnend, um die Flughöhe zu kalibrieren.
Komplexität & Klimakonferenzen
Die 1. Sendung ist dem gesellschaftlichen und politischen Umfeld gewidmet.
Zuerst geht es um Populismus: Gerade (aber nicht nur) beim Klima sind wir mit einem Sammelsurium an Informationshappen und wenig Einordnung konfrontiert. Der Populismus reagiert darauf mit Komplexitätsreduktion: gibt’s nicht, ist egal, das Volk will das nicht. Das zeigt: Es ist immens wichtig, ein kollektives Wissen zum Thema Klima aufzubauen. Möglichst viele Leute müssen im Boot sein.
Menschen in Tuvalu müssen ihre Heimat verlassen, weil wir zu bräsig sind.
Wie also etwas ändern? Klimakonferenzen? – Ist naheliegend, funktioniert aber leider schlecht. Nach Plöger deshalb, weil die Einstimmigkeit dazu verdammt, nur so schnell wie die Bremser*innen voranzugehen. Sein Vorschlag: Nicht alle mitnehmen, dafür schauen, dass der Zug Fahrt aufnimmt. Die Bremser*innen werden schon wieder aufspringen.
Moore
Die 2. Sendung behandelt Moore und Baustoffe.
Moore sind Klimasenken par excellence – sie bedecken nur 3% der Erde, speichern aber fast doppelt so viel Kohlenstoff (1000 Gt) wie alle Wälder (550-600 Gt CO₂). Sie bestehen zu 95% aus Wasser, doch da es zu wenig Sauerstoff gibt, verrotten die Pflanzen nicht, und folglich bleibt auch der Kohlenstoff gespeichert. Ausserdem speichern und filtern sie Wasser und sind ein wertvoller Lebensraum für Tiere.
In Deutschland und der Schweiz wurden 90% der Moore für Landwirtschaftsland und Torf trockengelegt. Laut Plöger ist das nicht einmal wirtschaftlich, sondern stark subventioniert.
Die gute Nachricht: Innerhalb von 10 Jahren kann ein Moor “wiedervernässt” werden – schneller als die Aufforstung von Wäldern.
Baustoffe
Die Produktion von Beton ist eine grosse Belastung fürs Klima. Dies wegen dem Zement, der als “Klebstoff” fungiert. Er wird unter anderem aus Kalkstein hergestellt, der zu Klinker gebrannt wird – bei 1450° C.
Die Herstellung von Klinker braucht enorm viel Heizenergie, bisher aus fossilen Brennstoffen, und die Reaktion (CaCO₃ → CaO + CO₂) stösst ebenfalls CO₂ aus. Die Zementindustrie ist für 7–8% der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich.
mögliche Alternativen:
- Recyclingbeton löst das Problem (noch) nicht: Ihm muss ebenfalls Zement zugemischt werden, da dieser nur beim ersten Trocknen wirkt.
- Stahl wird mit Beton ummantelt, um Rost vorzubeugen – dafür können auch andere Materialien wie Karbon eingesetzt werden.
- Und natürlich gibt es andere Baustoffe wie Holz, Lehm oder Stroh.
An allen Stellschrauben drehen – nicht für die Umwelt, sondern für uns.
Zwei wichtige Einsichten:
- Wir machen Klimaschutz für uns, nicht für den Planeten. Naturgesetze scheren sich nicht um optimale Lebensbedingungen für Menschen.
- Weil die Klimakrise so mannigfaltig zusammenhängt und wirkt, ist es wichtig, überall anzusetzen: Wir müssen an allen Stellschrauben drehen.