SRF International über EU-Schienenverkehrspolitik
In Europa werden 80% des Personenverkehrs auf der Strasse zurückgelegt, im Zug 8%. Ein Blick zurück, ein Blick auf die mangelhafte EU-Politik und ein Blick auf Chancen.
Woher wir kommen und wo wir stehen
Die Bahn war einst die Verkörperung des Fortschritts. Das ist etwa 150 Jahre her. Damals war sie um ein Vielfaches schneller als Kutschen – amazing.
Im 20. Jahrhundert kam das Auto dazwischen. Die späte Antwort im Schienenverkehr waren Hochgeschwindigkeitsstrecken und -züge.
Doch im Moment ist die Eisenbahn auf Strecken über 400 km nicht kompetitiv – fliegen ist billiger und schneller. Die Domäne von Zügen ist heute v.a. der Pendlerverkehr.
EU: Fetter Ausbau bis 2030?
Die EU hat schöne Pläne: Bis 2030 sollen Strecken bis 800 km wieder im Zug zurückgelegt werden. Nur: Das zu erreichen, ist unrealistisch. Die Pläne kranken an mehreren Punkten:
- Hochgeschwindigkeitszüge fahren meist unter 200 km/h, weil sie zu oft halten.
- Der Ausbau ist zu teuer – und die Nachfrage schlicht nicht da, solange fliegen so billig ist.
- Gärtchendenken: Die EU stellt zwar viel Geld bereit, dies wird jedoch zu oft ins nationale Schienennetz investiert. Es fehlt eine gemeinsame Vision. Sogar internationale Strechenausbauten werden nicht über Grenzen hinweg geplant, sondern national.
- Die Krux im Detail: Die EU hat über 100 Projekte identifiziert, die einen grossen Mehrwert brächten, sich aber hinziehen.
Chancen
Bei jedem dieser Punkte könnte man ansetzen. Aber fürs erste würde es schon reichen, sich einen vorzunehmen. Aus Sicht der EU bietet sich die fehlende internationale Vernetzung an. S-Bahnen zeigen es: Mit grenzüberschreitenden Projekten ist viel zu holen.
Nachtzüge haben nie rentiert, deshalb wurden sie nach und nach eingestellt – doch es zeichnet sich eine Renaissance ab. Es gibt eine Nachtzug-Allianz der Bahnen von Österreich, der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Die Infrastruktur steht, es fehlt an zeitgemässem, komfortablem Rollmaterial (z.B. zahlbare Einzelkabinen).
Hochgeschwindigkeitsnetz: Ein umfassendes Netz wie das von Frankreich ist das eine – das andere ist die gute Anbindung und Einbindung vieler Verkehrsmittel, wie es die Schweiz vormacht. Diese zwei Ansätze kombiniert: amazing.