Womit verursachen wir am meisten Emissionen?
Kohleverbrennen: schlecht. Velofahren: gut. Fleischessen: weniger. So weit klar. Aber wenn wir mal ein mitteleuropäisches Land anschauen: Womit verursachen “wir” eigentlich am meisten Emissionen? Was fällt ins Gewicht? Was schenkt ein, wie es hier heisst? The big picture. Die Makrosicht. (Die Sicht von unten findet sich hier: Wie viel CO₂ ist viel?)
Disclaimeria
Zuerst ein bisschen Kontext. Denn nackte Zahlen ≠ Wahrheit.
Was gemessen wird
Klar ist, dass es
- um CO₂-Äquivalente (CO₂-eq) gehen sollte und
- um die weltweit verursachten Emissionen, nicht nur die im eigenen Land,
- jedoch für eine Person in Mitteleuropa.
Grössenordnungen, keine exakten Zahlen
Naiverweise hatte ich gedacht, als fortgeschrittener Suchmaschinenanwender sei es ein Leichtes, eine relativ klare Aufteilung in “Wohnen – Essen – Verkehr” zu recherchieren. – Ist es nicht. Die Zahlen sind überraschend verschieden.
Woran das liegt, kann ich hier nicht abschliessend sagen. Aber ich kann es mir ungefähr denken: Soll z.B. der Transport meines Essens unter “Verkehr” oder unter “Essen” erfasst werden? Dazu leicht verschiedene Datengrundlagen plus leicht verschiedene Annahmen und unter umständen verschiedene Länder, Jahre, Gewichtungen von anderen Klimagasen als CO₂.
Statt mich mit den Definitionen im Detail auseinanderzusetzen, habe ich die Holzhackermethode gewählt: Abfedern mit mehr Daten. Durch Kombination verschiedener Quellen entsteht ein recht guter Überblick, in welchem Rahmen sich die Zahlen bewegen.
Take away: Nichts Exaktes hier, sondern Anhaltspunkte plus minus ein paar Prozent. Was ja vollständig ausreicht für einen Überblick.
Quellen
Die verwendeten Quellen beziehen sich auf die Schweiz und Deutschland.
- SES-Broschüre Ohni Planet isch doof (2020)
- BAFU: Klimapolitik der Schweiz (2018), S. 14
- Umweltbundesamt Deutschland: Klimaneutral Leben (2015), S. 10
- Umweltbundesamt Deutschland (2017)
- Lage der Nation 115
- Umwelt Schweiz 2018 – Bericht des Bundesrates
- zum Thema Fliegen: Le Monde diplomatique 8/16, Grüner Himmel
- zum Thema Bauen mit Beton: Beitrag im Echo der Zeit vom 12.11.18
Die Zahlen
Essen: 15%
Hier sind sich die Quellen für einmal einig. Interessant sind zwei Punkte:
- Laut Umwelt Schweiz 2018 macht die Ernährung 28% “der Umweltbelastung” aus. Wenn man also nicht nur auf direkt bezifferbare Emissionen schaut, sondern auch auf Wasserverbrauch, Rückstände im Boden etc., ist Nahrungsmittelproduktion umweltbelastender als die CO₂-eq-Kennzahl nahelegt.
- Die New York Times beziffert Ernährung weltweit mit ca. 25% (15% allein für Viehhaltung). Ein Reminder, dass wir so viel anderen Kram und Annehmlichkeiten konsumieren, dass der Posten Nahrung im Verhältnis dazu kleiner wird.
Wohnen: 20-25%
Heizen ca. 15%, Strom 5-10%
Verkehr + Reisen: 20-30%
inkl. Fliegen, das gegen 10% ausmacht (weltweit allerdings nur 2%)
Konsum (ohne Essen): 30-40%
Die Materialschlacht, die wir veranstalten, ist uns meist nicht bewusst (ausser man ist frisch umgezogen): Einen Schrank voll Kleider; der Technologiepark mit Fernseher, Stereoanlage, Computer in 3 grössen (Laptop, Tablet, Smartphone), Drucker, Scanner; die Küche ist mit praktischen Helfern vollgestellt wie Mixer, Toaster, Kaffeemaschine, Küchenmaschine, Mikrowelle, Geschirrspüler, Kühlschrank; dann natürlich Möbel, Kosmetika, Sportgeräte, Werkzeuge, und für Kinder nochmals eine ganze Lawine von Kleidern, Spielsachen, Transportvorrichtungen etc. – das führt vielleicht vor Augen, wie man auf 30-40% kommt.
öffentliche Dienstleistungen/Infrastruktur: 5-10%
Am Rande
Ein grosser Posten, der mir untergekommen ist und etwas quer zur obigen Einteilung steht, ist “Industrie und Bau” mit ca. 15%. Ich gehe davon aus, dass sich die Bautätigkeit in “Wohnen”, “Verkehr” und “Infrastruktur” wieder findet. Die Herstellung von Beton/Zement ist als sehr klimaintensiv bekannt (ca. 8% des weltweiten CO₂-Ausstosses, wobei China im Moment ein Vielfaches an Beton verbaut als andere Länder).